Constance Weiser ist Leiterin des greenskills Lehrgang „Nachhaltiges Bauen“ und als ausgebildete Architektin ist ressourcenschonendes Bauen mit nachhaltigen Materialien für sie zur Passion geworden.
Wir freuen uns sehr, dass sie uns heute ein Interview zum Lehrgang „Nachhaltiges Bauen“ gibt.
SonnenKlee: Liebe Constance, bitte stell dich unseren Leser*innen kurz vor.
Constance Weiser: Ich bin Architektin und auf meinem Weg zu mehr Nachhaltigkeit schon 2011 auf den greenskills Lehrgang gestoßen, sowie bei der Initiative Gemeinsam Bauen und Wohnen aktiv und versuche mein Wissen aus diesen Bereichen weiterzugeben. Denn nur wenn wir uns alle für den Erhalt einer lebenswerten Welt und für die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder einsetzen, haben wir eine Chance, das auch wirklich zu schaffen.
SonnenKlee: Was lernt man beim greenskills Lehrgang „Nachhaltiges Bauen“ und was bringt den Teilnehmer*innen im Berufsleben?
Constance Weiser: Es geht um die Grundprinzipien nachhaltiger Architektur und welche Vorteile das kreislauffähige Bauen und Sanieren mit natürlichen Rohstoffen und erneuerbaren Energien hat. Das reicht von mehr Wohlbefinden und Gesundheit bis zur Energieeffizienz, dem geringeren Energieaufwand in der Herstellung und den ganzen Vorteilen für unser Klima. Wenn ich dieses Wissen dann im Verkauf, der Kundenberatung oder auch bei der Planung oder Sanierung einbringen kann, hab ich einfach einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz.
SonnenKlee: Für wen ist der Lehrgang „Nachhaltiges Bauen“ gedacht?
Constance Weiser: Das reicht von Projektleiter*innen oder auch Ausführenden aus dem Bereich des Hochbaus und Baunebengewerbes über den Handel mit ökologischen Baumaterialien bis zu Planer*innen sowie Architekt*innen, aber auch interessierten Laien
SonnenKlee: Was kann ich mit dem Erlernten anfangen?
Constance Weiser: Der Überblick ermöglicht einem, die komplexen Zusammenhänge besser zu erfassen und leichter die richtigen Entscheidungen in Bezug auf Materialien, Aufbauten bzw. Haustechnik zu wählen. Damit bin ich dann auch in der Planung bzw. bei der Beratung von Kund*innen sicherer und kann die Vor- und Nachteile gegenüber herkömmlichen Baustoffen /-weisen besser argumentieren.
SonnenKlee: Wie kann ein Unternehmen davon profitieren, wenn eine oder mehrerer Personen im Betrieb den Lehrgang absolvieren?
Constance Weiser: Wenn eine Person das Wissen einbringt und das Unternehmen ist aufgeschlossen, dann bringt das auch schon sehr viel. Am hilfreichsten ist es natürlich, wenn gleich mehrerer Mitarbeiter*innen vom Unternehmen mitmachen, denn gemeinsam ist es viel leichter den vielen, ringsum bestehenden Vorurteilen entgegenzuhalten. Dann entwickelt sich auch eine eigene Dynamik, die das ganze Unternehmen voranbringt und es zu einem Vorreiter in der Branche macht.
SonnenKlee: Was passiert, wenn im Herbst wieder neue Corona-Regeln in Kraft treten, wird der Lehrgang dann fortgesetzt, oder muss er unterbrochen werden?
Constance Weiser: Wir haben über die letzten 2 Jahre gelernt, mit dieser Pandemie umzugehen und wir sind auf alle Eventualitäten gut vorbereitet. Die Praxis kann in den großen Hallen ggf. auch mit Maske stattfinden und sollte wirklich noch einmal ein Lockdown kommen, können wir die Termine sicher so verschieben, bzw. mit den anderen tauschen, dass keine anderen Wochenenden nötig sind. Denn bei den Theorie-Inputs können wir jederzeit auch ganz auf Online-Modus umstellen. Denn für Leute, die von weiter her kommen, bieten wir auch sonst den Hybrid-Modus an, damit auch sie immer dabei sein können.
SonnenKlee: Kann ich den Lehrgang „Nachhaltig Bauen“ auch im Zuge einer Bildungskarenz machen und ist er dafür anrechenbar?
Constance Weiser: Klar, wir haben immer wieder Leute dabei gehabt, die gerade ihre Bildungskarenz gemacht haben. Allerdings dauert das nachhaltige Bauen ja nur 3 ½ Monate, sodass man sich für die restliche Zeit eben was anderes aussuchen kann.
SonnenKlee: Warum gibt es bei dem greenskills Lehrgang „Nachhaltiges Bauen“ eine Kooperation mit der BAUAkademie Wien?
Constance Weiser: Nachdem wir realisiert haben, dass es für Handwerker im Baubereich bisher keinerlei spezifische Weiterbildung zum nachhaltigen Bauen gab, haben wir der BAUAkademie Wien angeboten, den greenskills Lehrgang in Kooperation mit ihnen zu machen. Denn gerade die beratenden / planenden und auch ausführenden Professionisten sind Multiplikator*innen für nachhaltiges Bauen und für das Zustandekommen von mehr derartigen Projekten ausschlaggebend.
SonnenKlee: Was kannst du zu dem Lehrgang „Nachhaltiges Baue“ sonst noch sagen?
Constance Weiser: Die Kombination von Theorie und Praxis ist einzigartig und einfach total hilfreich, um das Erlernte auch wirklich zu „begreifen“ und die Teilnehmer*innen lernen nicht nur viele nette Kolleg*innen, sondern vor allem auch eine Menge engagierter Expert*innen kennen. Denn die Referent*innen sind alle Spezialist*innen und zum Teil sogar Pioniere in ihrem jeweiligen Bereich, denen die Verbreitung des Wissens um die Vorteile von nachhaltigen Gebäuden und Sanierungen einfach ein Anliegen ist.
Liebe Constance, vielen Dank für das sehr interessante Interviewgespräch!
Sie interessieren sich für zertifiziertes Biostroh als Dämmstoff oder möchten zusehen, wie Wände aus Stroh entstehen und mit Lehm und Kalk verputzt werden?
Dann besuchen Sie uns, besichtigen unseren Betrieb und wir können dem erfahrenen Stroh- und Lehmbauexperten Virko Kade und seinen Lehrgangsteilnehmern über die Schulter blicken. Unser Team steht Ihnen ganztägig für Fragen zur Verfügung!
Wann? Am Samstag, 23.04.2022, 09:00 – 18:00 Uhr
Wo? Bei SonnenKlee in Abetzdorf 2, A-3331 Kematen/Ybbs
Winfried Schmelz hat als passionierter Bauplaner mit seinen 40 Jahren Berufserfahrung zahlreiche Projekte umgesetzt. Mit einem ganzheitlichen Ansatz legt er als selbstständiger planender Baumeister und akademisch geprüfter Experte für Solararchitektur und Bauökologie großen Wert auf die Schaffung von gesundem und nachhaltigem Wohnraum. Mit seinem großen Netzwerk an verlässlichen Partnern sorgt er dafür, dass seine Projekte auch konsequent nach ökologischen und gesundheitsrelevanten Aspekten umgesetzt werden.
Wir freuen uns sehr, dass er uns heute ein Interview gibt!
SonnenKlee: Lieber Winfried, bitte stell dich kurz vor und erzähle uns, was du machst.
Winfried Schmelz: Seit meiner Kindheit hat neben der bildenden Kunst die Architektur einen großen Stellenwert in meinem Leben.
Nach Abschluss der HTBLA in Krems habe ich 10 Jahre bei Architekten als Bautechniker gearbeitet und mich mit 30 Jahren, vor nunmehr 35 Jahren, als planender Baumeister selbstständig gemacht. Mittlerweile habe ich fast 700 Projekte geplant und war bei über 500 Bauvorhaben bei der Realisierung als örtliche Bauaufsicht beteiligt.
Seit 20 Jahren beschäftige ich mich intensiv mit „ÖkoSolaren Planen und Bauen“.
Dabei hat auch die Geomantie einen wichtigen Platz, da ich mich gemeinsam mit meiner Partnerin Tatjana Salomon auf ganzheitliche Lebensraumplanung spezialisiert habe.
Dafür haben wir auch ein eigene iLiB- Institut (Institut für integrale Lebensraumgestaltung und innovatives Bauen) gegründett.
SonnenKlee: Warum ist bei der Planung von Lebensraum ein ganzheitlicher Ansatz wichtig und was muss dabei berücksichtigt werden?
Winfried Schmelz: Ganzheitlichkeit ist für uns die Basis für die Schaffung vitaler und gesunder Lebensräume.
Das beginnt beim integralen Planungsprozess, bei dem alle Aspekte von der geomantischen Ortsrecherche berücksichtigt werden. Wichtig ist uns auch die Schaffung funktionell und konstruktiv klar durchdachter Architektur sowie die richtige Wahl baubiologischer Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen. Auch die Berücksichtigung alternativer Energiegewinnungssysteme gehört für uns zur ganzheitlichen Betrachtungsweise.
Nur so entstehen Arbeits- und Wohnräume in gesunden Gebäudehüllen, wo alles stimmt, keine Wohngifte freigesetzt werden und Elektrosmog vermieden wird. In manchen Fällen müssen wir unsere Bauten sogar gegen hochfrequente Strahlung abschirmen. Auch die Betriebskosten sollen möglichst gering sein und die Entsorgung der Baumaterialien darf auch für späteren Generationen zu keinem Problem werden.
SonnenKlee: Du hast zahlreiche Projekte mit Stroh als Baumaterial realisiert. Kannst du uns anhand eines Beispiels über die Besonderheiten des Bauens mit Stroh erzählen?
Winfried Schmelz: Mittlerweile habe ich 25 Projekte in Strohballenbauweise realisiert. Zertifiziertes Stroh ist ein idealer Baustoff. Ob als gepresster Strohballen oder Stroh-Einblasdämmung, gekonnt in Holzkonstruktionen eingebaut, hat der nachwachsende Naturbaustoff viele Vorteile.
Einerseits ist die Ökobilanz unschlagbar, da Stroh als Abfallprodukt bei der Getreideernte in großen Mengen verfügbar ist und anderseits gute Wärmedämmwerte und eine hohe Dichte mit über 100 kg/m3 aufweist. Darüber hinaus schirmt Strohdämmung hervorragend gegen „Hochfrequente Strahlung“ ab und brennt im verdichteten Zustand sehr schwer. Es erfüllt dadurch alle Anforderungen für einen modernen Baustoff.
Fa. Sonnenklee ist dafür unser erster Ansprechpartner, da ausnahmslos Biostroh mit bester Qualität verarbeitet und geliefert wird.
SonnenKlee: Wann hast du das erste Strohhaus geplant und was sind die Langzeiterfahrungen mit dem Baustoff Stroh?
Winfried Schmelz: Das erste Strohballenhaus habe ich 2002, also vor 20 Jahren realisiert. Bei all meinen Häusern gab es bis heute keinerlei gröbere Mängel. Nur bei direkt auf Stroh hergestellte Putzfassaden gab es anfänglich kleinere Risse. Diese konnten aber leicht behoben werden und mittlerweile haben wir gelernt, durch entsprechende Putzarmierungen auch diese zu vermeiden. Im Rahmen meiner Ausbildung in Solararchitektur an der Donau Uni Krems, nahm ich 1999 an einer Exkursion zu den Strohbaupionieren in die USA teil. Die über 100 Jahre alten Strohhausbauten begeisterten mich voll und ganz und animierten mich zu einem der ersten Strohbauexperten in Österreich ausbilden zu lassen.
SonnenKlee: Man hört sehr oft, dass es schwierig ist die Handwerker zu finden, die ökologische Baustoffe verarbeiten können und möchten. Wie schaffst du es trotzdem, dass deine Projekte mit entsprechender Qualität umgesetzt werden?
Winfried Schmelz: Für das ökologische Bauen Handwerker zu finden ist schwierig aber nicht unmöglich.
Fündig wird man am ehesten bei Mitgliedsbetrieben des BauEnergieUnweltCluster bei EcoPlus. Ich selbst verfüge über ein gutes Handwerkernetzwerk aus dem Waldviertel.
Gemeinsam konnten wir die letzten Jahre sehr stimmige Projekte in bester Ökobauqualität
SonnenKlee: Bemerkst du ein Umdenken bei Bau-Frauen und -Herren in Richtung ökologisches und nachhaltiges Bauen?
Winfried Schmelz: Die Nachfrage danach steigt stetig. Vor allem bei unseren Ökobauseminaren ist die Nachfrage sehr groß. Wenn man erst mal über die Vorzüge des ökologischen Bauens informiert ist, möchte mal gar nicht mehr konventionell und ungesund bauen.
SonnenKlee: Was würdest du zukünftigen Bau-Frauen und Herren raten, damit sie später nicht einmal den berühmten Satz “Wenn wir noch einmal bauen, dann würden wir vieles anders machen“ sagen werden?
Winfried Schmelz: Das Wichtigste am Beginn jedes Bauvorhabens ist eine ganzheitliche Planung. Die Bedürfnisse müssen gut erfasst sein, dann ist die Umgebung zu berücksichtigen und neben einer funktionalen Grundrissgestaltung ist eine konsequent ökologische Umsetzung sehr wichtig. Dafür sollte man sich erfahrener Planer und erprobter Betriebe bedienen.
Das mögliche Baubudget ist dabei auch zu berücksichtigen.
SonnenKlee: Du machst ja gemeinsam mit deiner Partnerin auch Seminare. Für wen sind diese Seminare und was hast du diesbezüglich in nächster Zukunft geplant?
Winfried Schmelz: Unsere angebotenen Ökobauseminare richten sich vor allem an Baufrauen und Bauherren, Siedler und Bauinteressierte. Es sind auch immer wieder Architekten, Baumeister und Bautechniker dabei, die ihr Wissen um das ökologische Bauen bereichern möchten.
Das nächste Seminar finden am Samstag, den 14. und Sonntag, den 15. Mai 2022 in unserem Bau- und Innovationszentrum in Wösendorf in der Wachau statt. Das Nächste in der GEA-Akademie in Schrems folgt dann von Freitag, den 12. bis Sonntag, den 14. August 2022.
SonnenKlee: Was möchtest du unseren Leserinnen sonst noch mitgeben?
Winfried Schmelz: Der Slogan von Sonnenklee sagt eigentlich alles. Erdig, Menschlich, Gut – genau das brauchen wir jetzt für unseren Planeten. Die Zukunft sieht nicht rosig aus.
Jetzt sind wir alle gefordert, an einer besseren Welt zu arbeiten. Ökologisch Bauen ist ein wichtiger Baustein dafür. Ich bedanke mich beim SonnenKlee-Team für euer Mitwirken und euren wichtigen Beiträgen für das dringend notwendige Umdenken in der Bauwelt.
Lieber Winfried, vielen Dank auch an dich für die sehr interessanten Einblicke in dein Wirken!
Die Organisator*innen des Projekts Querbeet in Lüneburg suchen tatkräftige Unterstützung für den Stroheinbau sowie die beiden ersten Putzlagen und weitere Nebenarbeiten (Rasieren, Klemmleisten, luftdichte Anschlüsse, Putztäger) für das 4-geschossige Strohbauprojekt querbeet in diesem Sommer.
Handwerker*innen und Helfer*innen für Strohballenbau für den Zeitraum Juli – August gesucht.
Ausführung nach aktueller Planung: 27.6.-2.9.2022 Ort: Lüneburg Bauvorhaben: Nachbarschaftliches Wohnprojekt querbeet https://www.querbeet-lueneburg.com/
Das Wohnprojekt für alle Generationen soll in zwei viergeschossigen Gebäuden, mit insgesamt 40 Wohnungen unterschiedlicher Größe und einem Gemeinschaftsraum, umgesetzt werden. Es wird in einer konsequent ökologischen Holzbauweise unter größtmöglicher Verwendung nachwachsender Rohstoffe und Vermeidung von Baustoffen aus industrieller Produktion errichtet. Die Außenwände werden als nichttragende, strohgedämmte Holzrahmenelemente ausgeführt und innenseitig mit Lehmputz und außenseitig mit Kalkputz verputzt, bzw. mit einer Holzschalung versehen. Die Strohballen werden in stehendes Holzrahmen-Tragwerk verbaut.
Für die Strohballendämmung werden Handwerker*innen und Helfer*innen gesucht, die dabei unterstützen würden und hier kommst Du ins Spiel!
Anleiter*innen sollten aus dem Handwerk kommen und Strohbauerfahrung mitbringen (Sie müssen sich nicht unbedingt ab Tag 1 in der Lage sehen, andere anzuleiten).
Helfer*innen (Handwerker*innen oder ungelernt) sollten unbedingt körperlich fit sein (wir arbeiten 5 Tage pro Woche ca. 8-9 Stunden), kein Problem mit staubigen Materialien haben, Lust auf Teamarbeit haben und mit klaren Ansagen arbeiten können.
Du hast im besten Fall Erfahrung auf Baustellen, mindestens aber keine zwei linken Hände, kannst mitdenken, durch Zuschauen und Machen lernen, auf Sicherheit achten und verantwortungsvoll mit Material und Werkzeug umgehen. Falls Du auf der Suche nach einem Pflichtpraktikum auf dem Bau bist oder Handwerker*in und nur mal in den Strohbau reinschnuppern möchtest, melde Dich gerne bei uns und wir schauen, was möglich ist.
Die Koordination der Arbeiten erfolgt durch einen Strohbau-erfahrenen Polier.
Wir wünschen uns, dass wir immer wochenweise ab Montag mit festen Crews arbeiten können. Ab einer Woche bist Du herzlich willkommen. Natürlich auch sehr gerne für länger.
Die Menschen von der Baugruppe freuen sich schon, Dich privat und kostenlos unterzubringen und so den Strohballenbau zu unterstützen. Wir kümmern uns um die Organisation. Natürlich kannst Du Dir auch selber etwas organisieren oder Du wohnst vielleicht sowieso in Reichweite der Baustelle. Um die Verpflegung kümmerst Du Dich grundsätzlich selber. Die Baugruppe wird aber punktuell für leibliches Wohl auf der Baustelle sorgen.
Die Abrechnung erfolgt entweder (sofern Du einen Gewerbeschein haben) ganz normal auf Rechnung oder Sie werden für die Dauer der Baustelle bei der Combeco GmbH kurzfristig beschäftigt.
Selbständigen Anleiter*innen können wir pro Stunde 30,00 € netto (VB) zahlen. Helfer*innen je nach Qualifikation zwischen Mindestlohn (13,00 €) und 20,00 €/Stunde netto. Reisekosten können nach Absprache übernommen werden.
Rentate Brandner-Weiß ist Mobilitäts- und Energieberaterin sowie Sprecherin des Waldviertler Energiestammtisches.
SonnenKlee: Liebe Renate bitte stell dich unseren Leser*innen kurz vor?
Renate Brandner-Weiss: Ich bin 1972 im Bezirk Zwettl im Waldviertel geboren und habe nach der HAK-Matura an der Wirtschaftsuniversität Wien Betriebswirtschaftslehre studiert inklusive möglichst viel Verknüpfung mit VWL, Ökologie und Soziales. Ab dem 5. Semester habe ich mich bei der Hochschülerschaft für Studierendenberatung bzw. im Umweltreferat der Österreichischen Hochschülerschaft der WU engagiert, weil mir das Thema Umwelt schon immer sehr wichtig war.
Mein erster Job nach Studienende war beim Biomasseverband bzw. Ökosoziales Forum Wien, danach ging es für vier Jahre an die Universität Trier als Mittelbaumitarbeiterin an einem Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre/Nachhaltige Regionalentwicklung. Nach meiner Rückkehr nach Österreich war ich einige Jahre Beraterin in Wien und NÖ bei Projekten im Bereich aktive Arbeitsmarktpolitik (z.B. Frauen in Technik und Handwerk). 2008 habe ich dann beruflich ins Waldviertel gewechselt und war bis 2017 bei der Energieagentur der Regionen in Waidhofen an der Thaya, mit Schwerpunkt Bürgerbeteiligung, erneuerbare Energie, E-Carsharing, etc.
2017 habe ich meinen Schwerpunkt in Richtung Mobilität gelegt und arbeite seither als freie Beraterin für verschiedene Betriebe in NÖ. Ich arbeite auch in meinem Netzwerk von Kolleg*innen und Organisationen, die sich ebenfalls mit der E-Mobilität beschäftigen. Außerdem arbeite ich als Geschäftsführerin für die TRE Thayaland GmbH, die sich mit den Themen E-Carsharing und PV-Anlagen mit Bürgerbeteiligung beschäftigt.
Für die Zukunft möchte ich meine Tätigkeit gern in Richtung zukunftsfähiges Wirtschaften und möglichst viel regionale Kreisläufe und Wertschöpfung weiterentwickeln.
Privat bin ich verheiratet, fahre gern Rad, sammle Bücher und Sprüche. Ich freue mich über eine möglichst große Vielfalt an Vögeln, Blumen, Kräuter und über Gemüse aus dem eigenen Garten.
Seit rund 10 Jahren unterstütze ich als Sprecherin das Kernteam des Waldviertler Energie-Stammtischs, einer ehrenamtlichen Plattform für regionale Projekte, Energie- und Mobilitätsthemen, Anti-Atom-Themen (in Österreich und grenzüberschreitend) und Vernetzung.
SonnenKlee: Kannst du uns bitte etwas über den Waldviertler Energiestammtisch erzählen?
Renate Brandner-Weiss: Der Stammtisch ist 2000/2001 aus den „Grenzblockaden“ gegen die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Temelin entstanden. Im Sinne eines Beitrags zur Lösung, für erneuerbare Energie und des ebenso notwendigen Energiesparen. Das Kernteam besteht aus rund 10 Personen und mit dem Jahr 2021 sind wir nun in Summe 20 Jahre aktiv. Nach Martin Litschauer und Gottfried Brandner vor einem Jahrzehnt die Rolle der Sprecherin übernommen und hoffe, dass wir als Stammtisch auch in Zukunft immer wieder Akzente setzen und Menschen bei ihren Energie- und auch anderen sinnvollen Projekten bestärken können.
Beim Thema Dämmen ist zum Beispiel das Aufzeigen von Alternativen zu EPS (Expandiertes Polystyrol) sehr wichtig. Es gibt viel mehr erneuerbare Alternativen als die meisten Menschen denken, und deswegen ist auch Baustroh schon Thema bei den Waldviertler Energiestammtischen gewesen.
SonnenKlee: Was waren die erfolgreichsten Bürgerbeteiligungsprojekte in deinem Umfeld und warum denkst du, sind solche Projekte wichtig in der heutigen Zeit?
Renate Brandner-Weiss: Einige Bürgerbeteiligungsprojekte wie zum Beispiel das der sehr bekannten Sonnenscheine Schuhwerkstatt sind aus unserem Stammtischteam heraus entstanden. Ich selbst bin zu dem Thema eigentlich erst nach meiner Zeit in Deutschland dazugestoßen. Eine Bewertung der Projekte möchte ich hier nicht vornehmen, aber zwei Slogans aus sehr erfolgreichen Projekten zitiere ich sehr gern:
das PV-Projekt für die Schremser Brauerei mit „Energie ist unser Bier“
Lange wurde das Thema Bürgerbeteiligung und sein Potenzial unterschätzt, dabei kann es genau die Dynamik erzeugen, die wir für schnelle Umsetzung brauchen.
Insofern gibt es noch viel zu tun im Sinne regionaler Investitionskreisläufe statt Geldabfluss in Richtung Fossilimporte!
SonnenKlee: Was tut sich im Waldviertel bezüglich E-Mobilität und alternativen zukunftstauglichen Fortbewegungsmöglichkeiten?
Renate Brandner-Weiss: Bezüglich Mobilität ist mir sehr wichtig zu erwähnen, dass es seit Oktober 2021 mit dem Klima- und dem Metropolticket für Österreich und auch für die Ostregion endlich ein Flächenticket für den öffentlichen Verkehr gibt. Wenn wir Mobilität vernetzt denken, die öffentlichen Verkehrsmittel ausbauen und zum Beispiel auch E-Carsharing forcieren, dann wird der Mobilitätsmix ökologischer und sozialer. E-Mobilität ist an und für sich schon ein Rieseneffizienzsprung im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Auch das gemeinsame Nutzen von Autos schont Ressourcen und die Geldbörse, vor allem wenn das Nutzungsprofil passt. Ich finde, Sharing-Modelle sollten bewusst gestärkt und gefördert werden, um hier schnell in Richtung breite Umsetzung zu kommen.
SonnenKlee: Kannst du uns als Mitbegründerin ein paar Worte über den Verein Carsharing Österreich erzählen?
Renate Brandner-Weiss: Der Verein Carsharing Österreich wurde im Sommer 2020 gegründet und arbeitet intensiv an der Thematisierung, Weiterentwicklung und Vernetzung zum Thema E-Carsharing in Österreich. Auch an einem Roaming zwischen möglichst allen Anbietern wird gearbeitet. Aktuell sind über 100 Autos in vier Bundesländern via Roaming verfügbar. Wer sich für mehr Details zu dem Verein interessiert, kann unter folgendem Link nachlesen: www.carsharing-oesterreich.at
SonnenKlee: Was können wir als kleines Österreich dagegen tun, dass in vielen anderen Ländern die Atomkraft zur Rettung unseres Klimas wieder als legitim betrachtet wird?
Renate Brandner-Weiss: Wir können sehr viel tun und ich will hier drei wichtige Punkte nennen:
Wir sollten zumindest bilanziell den Strom, den wir brauchen, auch selbst erzeugen. Das heißt, der Ökostromausbau muss vorangetrieben werden. Konsumenten (auch Betriebe) sollten auf die Qualität schauen und keinen mit norwegischen oder anderen Zertifikaten „gewaschen“ Billigstrom kaufen.
Inhaltlich ist es wichtig, die Transparenz rund um das Thema Kernkraft immer wieder einzufordern. Damit wird verhindert, dass Gewinnabsicht und militärischer Zusatznutzen dazu führen, dass unser Lebensraum jetzt und für die Zukunft (nachhaltig, wie wir es nicht wollen) geschädigt wird.
Die aktuelle Lobbyoffensive der Kernkraftindustrie muss sachlich fundiert als sehr gut gemachtes Marketing mit sehr gefährlichem und teurem Inhalt entlarvt werden. Dazu brauchen wir allerdings noch viel Geduld und Ausdauer.
SonnenKlee: Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten drei Punkte, die eine ländliche Gemeinde beherzigen sollte, damit sie heute schon im Sinne ihrer zukünftigen Generationen handelt?
Renate Brandner-Weiss: Ich denke, das ist je nach Gemeinde sehr unterschiedlich. Meiner Meinung nach sollten Gemeinden Dinge ermöglichen, Bürger aktiv einbinden und selbst in Richtung Eigenversorgung bei Energie gehen. Zum Beispiel könnten möglichst alle Dächer zur Stromproduktion genutzt werden oder man geht noch weiter, wie zum Beispiel die Gemeinde Munderfing mit ihrem Windpark.
Aber dazu braucht es auch den Abbau vieler Hürden und auch die Mitarbeit der Bundesländer. Dazu passt übrigens auch die Präsentation der österreichischen Energieagentur vor einigen Tagen, die sehr viel auf den Punkt bringt und die ich allen zum Studium ans Herz lege: Link
SonnenKlee: Hast du sonst noch etwas, das du unseren Leserinnen mitgeben möchtest?
Renate Brandner-Weiss: Ich möchte jede und jeden bitten, egal worum es geht und wie unterschiedlich die Standpunkte sind: Bleiben wir immer konstruktiv und im Dialog. Denn alles andere verursacht Leid und verhindert Entwicklung. In dem Sinne alles Gute für Sie/Euch persönlich und auch beruflich.
Das Fachmagazin „Building Times“ hat in seiner letzten Ausgabe über unser Vorzeigeprojekt „Einblasdämmung aus Stroh“ in Waidhofen an der Thaya berichtet.
Dr. Arch. Margareta Schwarz ist freischaffende Architektin in Südtirol und engagiert sich seit vielen Jahren mit großer Leidenschaft für den Einsatz von ökologischen Baustoffen. Stroh ist einer ihrer bevorzugten Baustoffe und sie hat damit bereits viele Projekte, auch preisgekrönte, erfolgreich umgesetzt. Eines ihrer Spezialgebiete ist die Sanierung von historischen Gebäuden. Auch bei ihren jüngeren Südtiroler Projekten zeigt sie, wie sie mit viel Kreativität und Erfahrung, natürliche Materialien so einsetzt, dass aus alten Objekten neuer wertvoller Lebensraum entsteht. Wir freuen uns sehr, dass sie heute für ein Interview bereitsteht.
SonnenKlee: Bitte stellen Sie sich unseren LeserInnen kurz vor und erzählen Sie uns was Sie aktuell gerade beschäftigt?
Margareta Schwarz: Seit mehr als 30 Jahren bin ich nun als freiberufliche Architektin in Südtirol tätig und seit 2002 realisiere ich fast ausschließlich Strohbauprojekte, auch mit internationaler Planungserfahrung in der Schweiz, Deutschland und Österreich. Ich kenne die europäische Strohbauszene von den Anfängen her, 2002 war alles noch in den Kinderschuhen. Ich werde als Strohbauexpertin für Vorträge und Seminare, auch für Workshops angefragt und bin dann unterwegs in den Nachbarländern, vor allem in den italienischen Regionen. Außerdem sitze ich in einigen Fachkommissionen für Raumordnung und Landschaftsschutz hier in Südtirol. Neue Bautechnologien mit natürlichen Baumaterialien haben mich schon immer interessiert. Stroh–Holz-Lehm-Kalk und Glas, das sind meine Materialien.
Zurzeit plane ich „Online“! Für Bauvorhaben, die etwas entfernt sind, funktioniert das sehr gut. Das läuft dann so ab, dass ich eine Besprechung und einen Lokalaugenschein vor Ort mit den Auftraggebern mache und dann entwickle ich verschiedene Entwürfe, um die Entscheidungsfindung zu erleichtern, die wir dann über Internet besprechen. Architektur in Strohbauweise, realistisch in die örtliche Baureglementierung eingepasst, ist dann für mich die Herausforderung. Von einem Techniker vor Ort, mit dem ich in engem Kontakt stehe, wird meine Planung übernommen und in die Genehmigungsphase gebracht.
SonnenKlee: Wie sind Sie zum Bauen mit Stroh gekommen?
Margareta Schwarz: Seit Beginn meiner Tätigkeit als freischaffende Architektin oder eigentlich schon seit meinem Studium in den 1980er Jahren bin ich auf der Suche nach den idealen (Natur)Baustoffen. Auch die alternativen Energieformen, im Besonderen die Nutzung der Sonnenenergie haben mich immer schon sehr interessiert.
Zur damaligen Zeit gab es auf der Akademie für Angewandte Kunst in Wien so gut wie keine Inputs zu diesem Thema, weder von den Professoren, noch von den Assistenten oder von der Hochschulbibliothek, dasselbe galt auch für die anderen Technischen Uni´s. Die Inputs musste man außerhalb der Hochschulen suchen. So fand ich mich nicht selten in schummrigen Sälen, wo ein baubiologischer Verein einen Vortrag organisiert hatte, meist auch sehr esoterisch angehaucht. Und die Literatur war rar, das waren zu Büchern gebundene Erfahrungsberichte von Leuten, die selbst gebaut haben. Wissenschaftliche Abhandlungen gab es schon gar nicht, nicht einmal in der Solartechnik. Für die etablierten Hochschulen hatte das Bauen mit Naturmaterialien (das gilt z.T. auch heute noch) zu wenig Glamour und technische Innovation, und wurde etwas abfällig bewertet.
Beim ersten Strohhaus 2002, dem Haus Dalsant, wollte die Bauherrschaft, die selber Biobauern waren, mit Holz und mit natürlichen Baumaterialien (Holzfaserplatten, Lehm/Kalkputz, usw.) bauen. In dieser Phase der Entscheidung für die Bauweise traf ich Arch. Werner Schmidt aus der Schweiz, der in Bozen einen temporären Strohturm aufstellte. Das gepresste Stroh hat mich sofort begeistert und wir konnten die Bauherrschaft von dem Baustoff überzeugen. Wir haben das Projekt dann auch gemeinsam durchgezogen. Auch bei den Sanierungen von alten denkmalgeschützten Häusern habe ich die Erfahrung gemacht, dass dort wo Stroh (mit Kalk) eingebaut war, der Bauteil auch Jahrhunderte überdauert hat, – sofern kein Wasser oder Unreinheiten dazukamen. Meist war es in den Fahlböden oder auch in den Wänden drinnen.
Seither fasziniert mich dieser Baustoff und es beschäftigt mich sehr, wie wir damit zu einer „einfachen und modernen Bauweise“ kommen können.
Einfach, qualitätsvoll, flink und kostengünstig sollte es sein. Die Vorfertigung, so scheint mir macht, es möglich: Dabei werden die Strohballen in einer moderat dimensionierten Holzrahmenkonstruktion (kein Leimholz) stramm eingebaut und beidseitig verputzt – fertig ist die Wand.
Überlässt man den Wandaufbau den Zimmermännern, dann kommen viele Holzschichten dazu, überlässt man es den Maurern, dann wird alles in Ziegel ausgeführt und die Strohballen werden wie Dämmplatten an der Wand befestigt. „Einfacher Strohbau“ erfordert eine gute Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Gewerken und das ist bis heute eines meiner größten Probleme, die richtigen Leute zu finden.
SonnenKlee: Was motiviert Sie als Architektin beim Thema ökologisches Bauen dranzubleiben?
Margareta Schwarz: Spontan würde ich sagen, dass schwierige Lösungen mich immer schon fasziniert haben (deshalb auch die komplexen Dächer), aber eigentlich möchte ich meine guten Erfahrungen in einem Strohhaus zu leben anderen Menschen weitergeben.
Als Erstes geht es mir um die Schaffung von Räumen mit Wohlfühlambiente, auch wenn es mittlerweile sehr abgedroschen klingt. Zukünftige Nutzer*innen sollen in einem gesunden Umfeld arbeiten, wohnen und schlafen können. Es darf aber nicht unerwähnt bleiben, dass die Baumaterialien wie Holz, Kalk und vor allem Lehm wesentlich für dieses Wohlfühlklima beitragen, denn mit Stroh allein baut man nicht!
Ich bemerke an mir selbst, dass ich von meinen Strohräumen verwöhnt bin, weil ich auf fremde, neu gebaute Räume gestresst reagiere, vor allem wenn die Oberflächen zu dicht mit Spachtelmasse, Kunststoffanteilen und dgl. ausgeführt sind. „Sich unwohl fühlen“ aufgrund des Ambientes wurde mir zu Beginn meines Architekturstudiums bewusst, weil die Seminarräume an der Uni in Stahlbeton und die Wände mit Kunststoffpaneelen überzogen waren.
Auch die Akustik in solchen Räumen kann mich stressen, die Wände sind so „laut“, weil zu hart und zu glatt.
Als Zweites lässt mich der Baustrohballen (er ist mein Modul beim Planen) als Architektin sehr kreativ sein und gibt mir Gestaltungsfreiheit. Ich sehe mich dann viel mehr als Konstrukteurin und weniger als Planzeichnerin, weil ich regelrecht auch die Konstruktionen plane, immer in Absprache mit dem Baustatiker.
Die Stroh-Bauweise ist zum Glück noch nicht gänzlich reglementiert, sodass auch neues probiert werden kann und die Möglichkeiten sehe ich unendlich. Der Baustoff ist meiner Meinung nach sehr unterbewertet und es ist ein Fehler den Baustrohballen nur als Dämmplatte zu sehen. Er kann lasttragend eingesetzt werden, – er kann einfach nur beidseitig verputzt werden, ohne zusätzliche Verkleidungen, er eignet sich sowohl für runde als auch für eckige Architekturformen. Leichte Rundungen macht der Baustrohballen ohne Bearbeitung mit, welche steife Dämmplatte schafft das?
Die meistverwendete Dämmstärke in der Wand sind die ca. 36 cm eines herkömmlichen Strohballens. Deshalb können auch die tragenden Holzkonstruktionen diese Tiefe von 36 cm für die Baustatik verwenden und es kann auf teure Leimbinder und sonstige aufwendige Verbindungen verzichtet werden.
SonnenKlee: Wenn ich durch Südtirol fahre, fällt mir immer wieder auf, dass es hier besonders oft gelingt Altbauten mit neuen Um- und Zubauten funktional und auch optisch sehr ansprechend zu kombinieren. Wie macht ihr Südtiroler das?
Margareta Schwarz: Die Fragen sind für mich schwierig zu beantworten, ich stecke zu sehr mittendrin? Vielleicht ist in Südtirol in seiner jüngeren Baugeschichte der Einfluss von italienischem Design und italienischer Leichtigkeit bemerkbar? Die Südtiroler Architekt*innen sind sehr gut ausgebildet, sie kommen von italienischen und österreichischen Universitäten, das Handwerk hat ein hohes Niveau und die Südtiroler Baubehörden waren vielleicht sehr aufgeschlossen und haben viel zugelassen. Wirtschaftlicher Aufschwung war angesagt und auch der Ehrgeiz scheint etwas Besonderes in Europa zu sein!? Man muss aber auch bedenken, dass damit auch viele historische Bausubstanz kaputtgegangen ist.
SonnenKlee: Gibt es aus rechtlicher Sicht in Italien besondere Hürden, wenn man mit Stroh bauen möchte?
Margareta Schwarz: Eigentlich gelten in ganz Italien dieselben Baugesetze und es gehört auch zur EU, dessen Gesetze in Italien gelten, im Besonderen in Bezug auf die Baustoffe.
Allgemein kann ich beobachten, dass italienische Baubehörden weniger Sensibilität gegenüber energieeinsparenden Dämmmaßnahmen zeigen als im Norden Europas und es gibt zum Strohbau auch viel Unwissenheit, (das gilt aber auch in anderen Ländern). Südtirol ist ehrgeizig und sicher eine Ausnahme, es kommen bei uns auch europäische Richtlinien zur Anwendung. Unser erstes Strohhaus wurde sogar zum „Besten Klimahaus 2003“ prämiert und das hat vielleicht den Weg für die anderen Strohhäuser geebnet?
Kolleg*innen aus anderen Teilen Italiens erzählen mir schon, dass sie von den Behörden behindert werden. Die Baugenehmigung liegt in der Verantwortung der Gemeinden bzw. des Bürgermeisters persönlich und es könnte sein, dass dieser kein Risiko für die unbekannte Bauweise eingehen will. Auch wird unter Strohbau oftmals der „Lasttragende Strohbau“ verstanden und der ist ja in ganz Europa aus Mangel der statischen Parameter nicht zugelassen (mutige Statiker können auch dieses Problem bewältigen). Eine Strategie wäre auch, im Baugesuch nur von einem Gebäude zu sprechen, das mit Naturmaterialien gedämmt wird. Für die Baugenehmigung ist es nur wichtig einen zugelassenen Baustoff zu verwenden und dieses Problem hat Baustroh inzwischen nicht mehr. Vor 15 Jahren war das allerdings noch anders.
SonnenKlee: Vor gut drei Jahren beim Europäischen Strohballentreffen (ESBG 2017) in Venedig hatte ich das Gefühl, dass in der Italienischen Strohbau-Szene Aufbruchsstimmung herrscht. Wie sehen sie die zukünftigen Entwicklungen im ökologischen Baustoffbereich und wie schätzen Sie das Potenzial des Strohbaues im internationalen Kontext ein?
Margareta Schwarz: Ja, das was die Gruppe „Promopaglia“ beim ESGB 2017 auf die Beine gestellt hat, war beachtlich. Daraus hätte ein nationaler Strohballenverband entstehen sollen, mit einem italienweiten Strohballenbauverzeichnis und noch vieles mehr. Über all dies hätte ich mich sehr gefreut. Die Euphorie hatte aber leider keine Fortsetzung, weil die Beteiligten auseinander geraten sind und sie alle gehen inzwischen ihren individuellen „Strohbauweg“ weiter, ein etwas italienisches Phänomen, würde ich sagen.
Trotzdem beschäftigen sich inzwischen viel mehr Leute mit dem Strohbau und er hat in Italien mehr Anerkennung erhalten, vor allem auch bei den öffentlichen Institutionen.
Meistens sind es die Architekt*innen und Techniker*innen, die sich für den Strohbau interessieren, – vor allem die weiblichen – und das was in Italien fehlt, ist die Ausbildung für Handwerksberufe generell und also auch für den Strohbau im Speziellen. Die Berufsschulen sind alle geschlossen worden, mit Ausnahme. Deshalb entstehen oftmals neue Unternehmen, die Strohbau anbieten, aber nicht unbedingt eine handwerkliche Qualifikation haben. Da habe ich schon einige Strohbauten gesehen, gebaut mit Anleitung aus dem Internet und mit unfachgemäßer Ausführung.
Das Bauen mit Strohballen hätte aus meiner Sicht ein großes Potenzial die Nr.1 zu werden. Die Politik spricht eh nur mehr von „Nachhaltigkeit“ und „CO2-Reduzierung“. Der Strohballenbau wird inzwischen schon öfters öffentlich genannt, (z.B. hat Italien die natürlichen Baustoffe, also auch Stroh, in dem letzten „110% Super-Energiebonus“-Paket aufgenommen (im 2. Anlauf), das Trentino übernimmt das Stroh im Baustoffverzeichnis und auch der Südtiroler Landtag hat schon im Mai 2019 einen Beschluss verabschiedet, der den Strohbau eindeutig favorisieren sollte … und in anderen Ländern passiert auch einiges an höherer Stelle …)
Warum aber kommt der Strohbau nur so langsam vorwärts? Aus meiner Sicht fehlt nach wie vor die Lobby, denn der Baustoff ist zu einfach zu haben, vom „Feld auf die Baustelle“ und das verträgt unsere kommerzialisierte Bauwelt nicht.
In allen Bereichen des Bauens kann der Baustrohballen eingesetzt werden. Im Besonderen würde ich den Strohbau für den sozialen Wohnbau geeignet sehen, auch fürs Eigenheim bauen und für die Selbstbauer*innen. Aus meiner Sicht wird der Trend selbst am Haus zu bauen stark zunehmen, auch Dank Corona, und da eignet sich die Methode der vorgefertigten Elemente sehr gut.
Mein Lieblingssatz: Im Frühjahr sähen – im Sommer ernten – im Herbst bauen – und im Winter ist es kuschelig warm! Von welchem Baustoff kann so was gesagt werden?
SonnenKlee: Können Sie uns vielleicht etwas über ihre letzten Projekte erzählen?
Margareta Schwarz: Mit der Erfahrung der ersten Strohbauprojekte, wo ich die Lasttragende Bauweise (www.esserhof.com) und die konventionelle Bauweise (Casa Dalsant, Casa Mair, Casa Schwarz, … Einfüllen der Strohballen in die stehende Holzständerkonstruktion) kennenlernte, habe ich mir gesagt, es muss unbedingt einfacher und rationeller gehen.
Daher habe ich selber begonnen die Konstruktionen zu planen und auch die Bauweise vorzugeben, was anfangs nicht immer von den ausführenden Unternehmen übernommen wurde, – vermutlich hätte „Mann“ einem männlichen Architekten mehr Vertrauen geschenkt?!
Seit 2009 nun beschäftige ich mich mit 2 Technologien: Einmal die Holzrahmenbauweise in Vorfertigung und zum anderen eine Lasttragende Bauweise mit Kleinballen und auch vorgefertigt.
Die Holzrahmenbauweise sollte mit hohem Vorfertigungsgrad erfolgen und ist anwendbar in allen Bereichen des Bauens. Inzwischen ist die Vorfertigung auch schon eine gängige Art des Strohbauens geworden.
Ich nenne es gerne den „massiven Strohballenbau“, weil die Strohballen direkt mit einer dicken Schicht (>3cm) mit Lehm-/Kalkputz verputzt werden. Die Strohoberfläche ist ein idealer Putzträger. Auch vermauert mit einer dünnen Ziegelmauer erhält die Wand eine optimale Stabilität und Dämmkraft, vor allem gut gegen Hitze. 2011 konnte ich das erste Wohnhaus in dieser Bauweise realisieren.
Und zum anderen habe ich eine Lasttragende Bauweise mit Kleinballen entwickelt, die ebenfalls als vorgefertigte Elemente aufgebaut werden können.
Hier kommt eine Art Knüpftechnik zur Anwendung, die die Strohballen stramm zusammenhält. Und weil niemand daran glaubte, dass es funktioniert, habe ich mit meinem Lieblingsmaurer eine Prototyp-Konstruktion gebaut, die dann fast 2 Jahre dem Wind und Wetter ausgesetzt wurde, – und es funktioniert!
Kleine Pavillons könnten damit realisiert werden und vieles andere mehr, auch Tonnengewölbe, die man ohne Holzstruktur auf Wände aufsetzt. Es ist sicher eine Technik, die noch zu entwickeln wäre.
Solche Rundbogenkonstruktionen faszinieren mich seither und bei den Ferienwohnungen am Dietrichhof ist es 2019 gelungen Pavillons mit dieser Form zu realisieren. Das Projekt wurde für den „Klimahaus Awards 2020“ nominiert.
Anfangs wollte die Bauherrschaft ein Stück vom 21 m langen Stadel abtrennen, 3m – 6m, um 1-2 Ferienwohnungen zu realisieren. Die bestehende Holzkonstruktion des Stadels wäre kaputtgegangen und ich befand sie für sehr schön und in bestem Zustand und ich konnte sie überzeugen, dass diese Stadelhülle erhaltenswert ist. Oftmals ist das Wertvolle schon im Baubestand vorhanden.
Die Baufrauen sind es meist, die mit Stroh bauen wollen, die Männer sind anfangs eher skeptisch. Auch dort am Dietrichhof war es so und der Baufrau haben die Rundbogenkonstruktionen sofort gefallen und sie hat sich selbst eifrig eingebracht.
Es kamen die SonnenKlee-Strohballen zum Einsatz und ich wusste wie wichtig es ist die Maßgrößen der Ballen in der Holzstruktur zu berücksichtigen, niemand der Handwerker hatte eine Erfahrung im Strohbau.
Die Konstruktionspläne habe ich dann ausgeführt und der Statiker hat sie gänzlich übernommen, es gab auch bei einem eingeschossigen Gebäude keine kniffligen Details zu lösen und auch der Zimmermann hat sich die eigene Planung eingespart. Er hat dann auch den Zuschnitt der Rundbögen von einem Plangrundriss, ausgedruckt im Maßstab 1:1 übernommen, – also einfach handgeschnitten und nicht CNC gefräst.
Meine Ausführungsidee war wiederum die Rundbogenkonstruktion als Teile vorzufertigen, (das hatte ich schon mal ausprobiert) inklusive des Grundputzes. Auch hätten manche Gewölbeteile lasttragend in Knüpftechnik gebaut werden können. Da fehlten dann aber die Voraussetzungen und die Einsicht und die Stroh-Holzkonstruktion wurde in herkömmlicher Weise aufgestellt.
Runde Bauteile im Stehen mit Strohballen auszufachen, ohne dass es eine Schalungsfläche gibt, gegen die die Strohballen gedrückt werden können, ist eher aufwendig und mühsam. Auch hier war der sparsame Wandaufbau gedacht, d.h. die Strohballen stecken in den Holzrippen und werden dann nur verputzt.
Die Bauherrschaft hat sich sehr schnell mit dem Projekt identifiziert und viel Eigeninitiative entwickelt. Mit viel Liebe haben sie es eingerichtet und der Zimmermann (Fa. Obrist) hat ein gutes Händchen bewiesen im Umgang mit dem alten Holz und der alten Stadelstruktur.
Für mich war wesentlich „Alt und Neu“ in einen Kontrast zu setzen. Die verputzten Wohnpavillons sind wie südländische Trullis, wirken wie ein massiver Mauerbau und werden von einer Holzkonstruktion aus den Alpen vor Wind und Wetter geschützt.
Gut gelungen ist auch der Einbau der großen Fensterflächen (Icaro Glasstudio). Mir war es wichtig, als gäbe es keine Fensterscheibe, dass ein freier Blick in die Landschaft gewahrt bleibt und dass die Form des Innenraumes zur Geltung kommt.
Bei diesem Projekt hat die einfache Strohwand von insgesamt 42 cm viele Berechnungen und Tests sehr gut bestanden: Der U-Wert liegt bei 0,15 W/(m2K). Die Werte für Luft-/ Winddichtheit haben entsprochen. Eine bauakustische Messung zwischen 2 Wohneinheiten hat ergeben, dass das Bau-Schalldämmmaß R’w 56 dB (≥55 dB) ist und der Trittschallpegel L’n,w 51dB (≤58 dB) ist und ebenfalls die geforderten Werte erreicht.
Der Aufbau der einfachen Strohwand gesamt war ca. 42 cm: innen ca. 3 cm Lehm- und Kalkputz – 36 cm Strohballendämmung – außen ca. 3 cm Kalkputz, incl. der Holzständer 8/36cm versetzt alle 96 cm.
SonnenKlee: Warum haben sie bei ihren letzten Projekten SonnenKlee Baustrohballen gewählt?
Bei den ersten Strohbauprojekten haben wir die Kleinballen aus den Marken/Italien und die Großballen aus Bayern liefern lassen, immer von einem Lieferanten, der die Bauern beliefert hat. Die Kleinballen waren schön dicht gepresst, (teilweise dichter als die von SonnenKlee) und gut geeignet. Aber die Qualität war sehr unterschiedlich und auch die Masse. Einen großen Teil, vielleicht ein Viertel davon, haben wir aussortiert. Ein Teil der Ballen hatte auch schon eine Regensituation oder Nässe erlebt. Erdklumpen, Gras und Äste waren oft eingepresst und wenn die Strohballen über Winter gelagert waren, so hat man mitbekommen, dass Spinnen und kleine Skorpione eingenistet waren. Die haben dann Reißaus genommen, wie wir eingebaut haben. Die Handwerker haben gesagt, die Strohballen rühren wir gar nicht an, es ist kein zugelassener Baustoff, also blieb nichts anderes übrig, als sie im Selbstbau einzubauen. Deshalb war ich dann auf der Suche ein regionales Stroh zu finden. Südtirol hat 2011 eine Getreidekorninitiative (Regiokorn) gestartet und wir konnten die erste Ernte nutzen für ein Strohhaus im Pustertal. Das hat gut funktioniert, es war eine saubere Qualität und das Dinkel-Stroh war auch schön lang (das würde ich mir beim Sonnenklee-Stroh auch wünschen), aber die Ballen waren recht locker gepresst. Der Bauer hat mir erklärt, dass er sich nicht traut bei der Presse ordentlich anzuziehen, weil er bei dieser alten Maschine keine Ersatzteile bekommt. Kleinballenpressen sind heutzutage Mangelware.
Nun – vielleicht erklären diese Erfahrungen, warum es eine große Erleichterung ist, ein gutes zertifiziertes Baumaterial ganz einfach bei SonnenKlee zu bestellen. Die bestellten Baustrohballen waren alle von einer ausgesprochenen schönen Qualität. Auch konnte ich mein unkonventionelles Dach, lauter Dreiecke, mit verschiedenen Größen der SonnenKlee-Strohballen dämmen. Das hat viel Arbeitsaufwand eingespart.
Natürlich erhoffe ich mir, dass die regionale Baustrohballenproduktion in Südtirol irgendwann anläuft, vielleicht auch mithilfe von der mobilen Maschine von SonnenKlee. Im Moment ist zu wenig Nachfrage und wo keine Nachfrage auch keine Produktion.
Eine andere Frage stellt sich mir selbst: In welcher absurden Bauwelt leben wir?
Das „Einfache Bauen“ und den „Selbstbau“ habe ich schon erwähnt, das ist mir ein großes Anliegen und von der „Freude am Bauen“ möchte ich aber auch sprechen, mir geht immer wieder das Herz auf, wenn ich selbst mit Hand anlegen kann.
Die Realität auf den heutigen Baustellen ist aber eine ganz andere und auch eine sehr Konfliktgeladene: Bürokratie, Baureglementierungen, Sicherheitsbestimmungen, vor allem Zeitdruck und Garantie- und Haftungsfragen beherrschen den Bauablauf. Jedes Handwerksunternehmen achtet nur mehr auf seine Auftragsarbeit und verursacht oft einen Mehraufwand für die nachfolgenden Arbeiten.
Die Vorschriften für die Arbeitssicherheit am Bau sind bei uns derart abstrus, sodass ein Handwerker, befolgt er alle Regeln, schon gar nicht mehr arbeiten kann. Die Bauherrschaften dürften schon gar nicht mehr auf die Baustelle. Die Jurisprudenz begleitet alles.
Mit einem unbekannten Baustoff wie den Strohballen kann die Situation noch schwieriger sein. Da könnte gesagt werden: Je einfacher gebaut werden könnte, umso schwieriger wird es!
Die nicht zugelassenen Strohballen, die die Handwerker nicht angreifen, habe ich schon erwähnt, ebenso dass sie eine unbekannte Bauweise nicht ausführen wollen. Überall steckt die Angst vor Bauschäden dahinter, für die sie haften.
Eine besonders schwierige Situation hatte ich auf einer Baustelle, wo die Handwerker in Panik geraten sind, ab dem Moment wo die Gewährleistung der Luft- und Winddichtheit zur verputzten Strohwand aufgetaucht ist. Für mich war es kein Problem, weil eine 3 cm starke Putzschicht ausreichend luftdicht ist. Das war aber den Handwerkern nicht klar und deshalb wurde alles aufwendig und teuer abgeklebt und abgedichtet, auch eine zentrale Lüftungsanlage musste her. In der besten Luft in den Bergen muss nun die Atmungsluft für die Wohnräume zuerst durch viele Meter Plastikrohre geschickt werden! – ich dachte mir in welcher verrückten Welt leben wir?
Aber hier denke ich sind wir alle Beteiligten Opfer und nicht zuletzt ist es die Bauherrschaft, weil die Baukosten durch diesen „Angstaktionismus“ in die Höhe getrieben werden.
Und alle sprechen vom „Leistbaren Wohnen“ (ein Grundrecht des Menschen), – vor allem die Politik. Würde man genauer durchleuchten, wie viel diese überbordende Bürokratie, die vor allem von den Gesetzgebern verursacht wird, den Bauwilligen kostet, vielleicht könnten sogar 30% der Baukosten eingespart werden?
Vielleicht müssten wir hier als Gesellschaft eingreifen? Oder mutig sein … pragmatisch sein … risikobereit sein …?
Liebe Frau Schwarz, vielen Dank für das sehr interessante Interviewgespräch!
Du planst dein Haus umzubauen, zu sanieren oder neu zu bauen? Dir liegt unsere Umwelt am Herzen und deshalb möchtest du nachhaltig bauen?
Dann haben wir einen Tipp für dich: den Lehrgang zum nachhaltigen Bauen!
Profis des nachhaltigen Bauens lassen dich beim Lehrgang an ihrem Wissen teilhaben. Du lernst die Möglichkeiten (Materialien und Techniken) des ökologischen Bauens kennen, damit du bei deinem Bauprojekt aus dem geballten Wissen und Erfahrungen schöpfen kannst.
Die Informationsabende dazu finden an folgenden Terminen live über Zoom statt.
31. Mai 2021 von 19:00 – 20:30 Uhr 11. Juni 2021 von 19:00 – 20:30 Uhr
Der Infoabend informiert dich über die Inhalte und Rahmenbedingungen des Lehrgangs. Ein besonderes Zuckerl ist der Frühbucherbonus: Für alle, die sich bis zum 31. Mai bzw. gleich nach dem Infoabend für das nachhaltige Bauen anmelden, gibt es 25% Ermäßigung!
Der Lehrgang startet am 2. Juli 2021.
Wir sind stolz darauf, dass Reinhard Appeltauer im Rahmen des Lehrganges ein Bauernhaus in Strohbauweise präsentiert. Dieses wurde mit Stroh von Sonnenklee gebaut.
Engelbert Schuller-Wagner ist ein innovativer Unternehmer, der mit seiner Zimmerei schon viele erfolgreiche Projekte umgesetzt hat. Sein Wissen über den Strohbau hat er bei Pionierprojekten und bei der Zusammenarbeit mit Virko Kade erworben. Wir freuen uns sehr, dass er uns heute ein Interview gibt.
SonnenKlee: Bitte stelle Dich unseren Leserinnen und Lesern kurz vor.
Engelbert Schuller-Wagner: Mein Name ist Engelbert Schuller-Wagner, 44 Jahre jung, verheiratet und stolzer Vater 3er Kinder!
Nach meiner Lehre als Mess- und Regeltechniker wurde mir schnell klar, dass dies nicht MEIN Werkstoff war und somit begann ich meine berufliche Laufbahn als Zimmermann. Nach vielen Jahren am Bau und in der Arbeitsvorbereitung machte ich die Meisterprüfung und kurz danach stürzte ich mich in das Abenteuer der Selbstständigkeit. Nun bin ich seit mittlerweile 6 Jahren mein eigener Chef und seitdem immer auf der Suche nach innovativen Projekten und Baustoffen.
SonnenKlee: Was fasziniert Dich an den Baustoffen Holz und Stroh und warum bist Du Zimmerer geworden?
Engelbert Schuller-Wagner: Das Arbeiten mit Naturmaterialen und im Freien war mir stets wichtig und dies wollte ich auch mit meiner Berufswahl unterstreichen. Durch meinen Vater, gelernter Tischler, habe ich schon früh den Umgang und die Verarbeitung mit Holz gelernt. Diese Zeit hat mich geprägt.
SonnenKlee: Du hast ja bereits zwei lasttragende Strohhallen für uns gebaut. Was hat dich bei den Projekten besonders interessiert und was waren dabei die größten Herausforderungen?
Engelbert Schuller-Wagner: Die größte Herausforderung war den Anrainer zu erklären, was wir hier machen 😉. Scherz beiseite…
Durch die örtliche Nähe der Fa. Sonnenklee wurde ich sehr schnell auf den Baustoff Stroh aufmerksam. Nachdem ich mein erstes Strohbauseminar absolviert hatte, war mir klar, dass dieser Baustoff etwas Besonderes ist und mit Holz perfekt kombinierbar ist und sehr viele Projekte umgesetzt werden könnten.
Nach dem Seminar kam die Fa. SonnenKlee auf mich zu, mit der Anfrage, ob es für mich interessant wäre, eine lasttragende Strohhalle aufzubauen. Natürlich war ich sofort Feuer und Flamme und so begann unsere Zusammenarbeit.
Für mich die größte Herausforderung stellte die Verbindung zwischen Strohballen und Holzbau dar, was wir aber mithilfe von Virko Kade einfach lösen konnten.
SonnenKlee: Kannst Du uns noch etwas über die Konstruktion der beiden Strohhallen erzählen?
Engelbert Schuller-Wagner: Die Herausforderung bei dieser Konstruktion ist die statische Stabilität. Auch wenn die Strohballen sehr groß sind (70x120x250cm) und natürlich auch dementsprechend schwer, war die Ableitung der Windkräfte eine Herausforderung. Wir konnten dies dann mithilfe unseres Statikers, der bis dato nichts mit der Strohbauweise zu tun hatte, und diese nun kennen und schätzen gelernt hat, sehr gut lösen. Jetzt sind wir fit für neue Projekte dieser Art!
SonnenKlee: Die Projekte wurden von Virko Kade (one straw revolution) betreut. Wie ist die Zusammenarbeit mit Virko gelaufen?
Engelbert Schuller-Wagner: Virko hat uns stets unterstützt bzw. sein Fachwissen einfließen lassen. Er war uns eine große Unterstützung!
Sein Fachwissen ist beachtlich und ein man sieht sofort, dass er diese Bauweise zu 100 % vertritt! Dank seiner unkomplizierten und aufgeschlossenen Art ist die Zusammenarbeit mit ihm stets eine Freude.
SonnenKlee: Aktuell planst Du für einen Kunden ein strohgedämmtes Einfamilienhaus. Was ist die Motivation der Baufamilie für diese Bauweise?
Engelbert Schuller-Wagner: Wie vorhin schon erwähnt habe, kann ich in meiner Selbstständigkeit nun Projekt verwirklichen, die mir echt am Herzen liegen und dieses ist definitiv eines davon!
Die Baufamilie schafft mit dieser Bauweise Lebensqualität und nicht nur Lebensraum! Dazu möchten sie, gesunde, nachhaltige, regionale Baustoffe verwenden. Der Strohbau bietet uns die Möglichkeit, nicht recyclebare Produkte, die wir im konventionellen Holzbau für die Dichtheit verwenden müssten, durch nachhaltige, ökologisch sinnvolle Alternativen zu ersetzen. Dies schätzen meine Kunden und auch ich am meisten!
SonnenKlee: Welches Potenzial siehst Du für Stroh als Baustoff in näherer Zukunft?
Engelbert Schuller-Wagner: Ich sehe sehr viel Potenzial darin! Immer mehr Kunden hinterfragen die herkömmlichen Baumaterialien und hier kann ich immer wieder Stroh empfehlen. Durch die Möglichkeit, dass Stroh nun auch in vorhandene Gefache eingeblasen werden kann, bieten sich natürlich im Holzbau sehr viele Varianten an, um Stroh als Dämmstoff zu verwenden.
SonnenKlee: Ich habe auf Deiner Web-Seite gesehen, dass Du schon viele Althaussanierungen gemacht hast. Was ist Dir bei Sanierungsprojekten besonders wichtig?
Engelbert Schuller-Wagner: Natürlich der nachhaltige Aspekt! Unser Firmenmotto lautet „Mit neuem Wissen Altes bewahren“ und wir versuchen diesem Motto treu zu bleiben!
SonnenKlee: Möchtest Du unseren Leserinnen sonst noch etwas mitteilen?
Engelbert Schuller-Wagner: Bei Angeboten sollen die Produkte im Vordergrund stehen und diese dann verglichen werden. Im ersten Augenblick kann ein Angebot mit alternativen Materialien etwas teurer erscheinen, jedoch mit dem Blick auf Nachhaltigkeit, Regionalität und dem ökologischen Fußabdruck, ist ein Bauen mit diesen Produkten immer attraktiver.
Ich freue mich auf die Zukunft und auf weitere Projekte natürlich mit Stroh 😊
Lieber Engelbert, vielen Dank für das Interviewgespräch!
Für die langsam aber stetig wachsende Auftragslage bei Sonnenklee benötigten wir wieder mehr Produktions- und Lagerfläche. Da war es für Martin Matzenberger naheliegend, die nächste Dimension im lasttragenden Strohbau zu wagen. Aufgrund unserer sehr guten Erfahrungen mit unserer ersten kleinen lasttragenden Lagerhalle aus Strohballen, haben wir uns entschlossen, das Ganze eine Nummer größer zu planen.
Die Planung war in unserem Fall auch eher speziell: Internetrecherche für ein gebrauchtes Hallendach zum Selbstabbau. Wir beraten unsere Kunden nicht nur zum Bauen mit nachhaltigen Materialien – wir tun es auch selbst – und zwar kompromisslos! Wir haben uns wieder entschlossen, einer gebrauchten Dachkonstruktion inkl. Dachdeckung ein zweites Leben zu ermöglichen und somit vor der Entsorgung zu bewahren. Somit ergaben sich die Abmessungen der Halle aufgrund eines passenden Fundes in der Steiermark. Unter der Regie unseres Holzbaumeisters Engelbert Schuller-Wagner wurde das gebrauchte Hallendach sorgfältig zerlegt, abgebaut und nach Abetzdorf gebracht.
Abbau gebrauchter Dachstuhl in der Steiermark
Auf unserem Firmengelände wurde im Vorfeld bereits eine entsprechende Schotterung vorgenommen und Auflager (ebenfalls wiederverwendete Betonteile) vorbereitet.
Minimale Flächenversiegelung
Auf eine Versiegelung der Fläche (Beton oder Asphalt) wurde aus mehrerlei Gründen bewusst verzichtet. Es klingt fast unglaublich, aber für diese Halle wurde bis auf 3 kleine Einzelfundamente für die 3 Säulen kein Beton benötigt!
Nur drei Fundamente
Dann gab es bei uns für zwei Tage „Lego für Fortgeschrittene“. Der Juniorchef des Hauses verlegte mit ruhiger Hand an den Steuerhebeln des Forstkranes jeden einzelnen Strohballen in die exakt passende Position. Streng überwacht vom Strohbauexperten Virko Kade.
Lego für Fortgeschrittene
Natürlich muss so ein alternatives Bauprojekt dennoch den behördlichen Auflagen entsprechen. Dafür mussten auch statische Berechnungen erfolgen, die dann in die Planung unseres Holzbaumeisters eingeflossen sind. Kurzum – alles andere als ein üblicher Ablauf bei der Planung und Errichtung einer Lagerhalle.
Hier noch ein Zahlen, Daten und Fakten:
Dimension: 35 m Länge, 16 m Breite, 4 m nutzbare Höhe
210 Strohballen im Format 70x120x240cm (davon mussten ca. 25 Stück gekürzt bzw. händisch umgebunden werden), gesamt rund 73 t Weizenstroh