Interview mit Aaron Meier, Zimmerer und Bauherr
Aaron Meier, ein Zimmerer aus Feldkirch in Vorarlberg, hat ein beeindruckendes Bauprojekt mit Bio-Strohballendämmung realisiert. Dabei hat er nicht nur sein Fachwissen eingebracht, sondern auch vieles selbst umgesetzt. In diesem Interview spricht Aaron über seine Erfahrungen, Herausforderungen und die Vorteile dieser nachhaltigen Bauweise.
- SonnenKlee: Hallo Aaron, bitte stelle Dich unseren Leser*innen kurz vor.
Aaron Meier: Nach der Landwirtschaftsschule und einer Forstwirtschaftslehre habe ich eine vierjährige Zimmermannslehre in einer kleinen, familiären Zimmerei abgeschlossen. Nach meinem Auslandszivildienst in Kambodscha bin ich in eine große Zimmerei im Bregenzerwald gewechselt, wo ich seit vier Jahren tätig bin.
Parallel dazu habe ich den Aufbaulehrgang für Bautechnik an der HTL Rankweil absolviert und meine Abschlussarbeit der Aufstockung des Elternhauses in möglichst ökologischer Bauweise gewidmet.
- SonnenKlee: Erzähle uns bitte etwas über Dein Projekt. Welche Materialien hast Du verwendet, und was hat Dich dazu inspiriert, Dein Haus mit Bio-Strohballendämmung zu bauen?
Aaron Meier: Bei meinem Projekt handelt es sich um die Aufstockung des Mehrfamilienhauses meiner Eltern. Da das Dach ohnehin erneuert werden musste, wurde es angehoben, wodurch etwa 150 m² neuer Wohnraum entstanden sind – mit der Möglichkeit, einen Teil davon als Einliegerwohnung zu nutzen.
Bei der Umsetzung habe ich auf nachhaltige Materialien gesetzt: Die Außenwände wurden in Holzständerbauweise erstellt und mit Strohballen gedämmt. Innen wurden sie mit 5 cm Lehm verputzt. Dadurch konnte ich auf eine Dampfbremse verzichten. Die Innenwände bestehen aus selbst hergestellten Stroh-Lehm-Ziegeln und wurden ebenfalls mit Lehm verputzt.
Den ersten Anstoß für diese Bauweise bekam ich schon während meiner Lehre durch ein Buch von Erwin Thoma. Es brachte mich dazu, kritisch über herkömmliche Baumaterialien nachzudenken. Besonders die Verwendung von Dampfsperren im Holzbau erschien mir fragwürdig – ich war überzeugt, dass es auch anders gehen muss.
Meine Erfahrungen mit Fertigteilhäusern in Holzbauweise bestärkten diesen Gedanken weiter. Oft fehlt diesen Häusern die nötige Masse, um ein stabiles Raumklima zu gewährleisten. Kombiniert mit dunklen Fassaden und großen Fenstern führt dies häufig zu sommerlicher Überhitzung. Solche Probleme wollte ich bei meinem Projekt von Anfang an vermeiden. Mit meiner fast 50cm starken Außenwand habe ich nicht nur Passivhausstandart (U-Wert 0,15 W/m²K) sondern auch Masse zum Schutz vor einer sommerlichen Überhitzung.
Den letzten Anstoß gab schließlich ein Vortrag von Kai Längle auf der Combau, der meine Entscheidung für Strohballendämmung endgültig bestärkte.
- SonnenKlee: Welche Herausforderungen gab es beim Arbeiten mit Strohballen, und wie hast Du diese gelöst?
Aaron Meier: Das Arbeiten mit Strohballen ist grundsätzlich nicht mit herkömmlichen Dämmmaterialien wie Holzwolle vergleichbar. Es erfordert ein Umdenken und sorgfältige Planung, vor allem bei der Verarbeitung der Materialien. Bei Standardfeldern, also größeren Flächen, lässt sich die Dämmung gut umsetzen, wenn man weiß, worauf man achten muss. Herausfordernd wurde es bei kleineren Feldern, wo die Ballen zugeschnitten werden mussten. Dafür haben wir eine Motorsäge verwendet, was gut funktionierte. Allerdings war es anspruchsvoll, die geforderte Festigkeit der Dämmung an diesen Stellen sicherzustellen, da die Ballen durch das Zuschneiden weniger kompakt sind. Hier war viel Sorgfalt und Nachverdichtung nötig, um die Stabilität zu gewährleisten und ein optimales Ergebnis zu erzielen.
- SonnenKlee: Wie waren die Rückmeldungen von Freunden, Familie und Nachbarn? Gibt es vielleicht Nachahmer?
Aaron Meier: Anfangs waren viele skeptisch, besonders wegen der Angst vor Ungeziefer oder Brandgefahr. Aber das Gegenteil hat sich gezeigt: Es riecht angenehm, ist gemütlich warm, und das ganze System überzeugt. Vor allem die Argumente gegen sommerliche Überhitzung und die Nachhaltigkeit kamen gut an. Einige, die zuerst kritisch waren, denken jetzt sogar darüber nach, selbst mit diesen Materialien zu bauen.
- SonnenKlee: In Vorarlberg gibt es ein wachsendes Interesse am ökologischen Bauen. Wie erklärst Du Dir das, und was können andere Bundesländer davon lernen?
Aaron Meier: Das Interesse an ökologischem Bauen und Strohdämmung wächst in Vorarlberg bestimmt auch deshalb, weil natürliche Materialien wie Holz und Stroh hier Tradition haben und sich schon über viele Jahre bewährt haben. Vor allem im Holzbau ist Vorarlberg weit vorne, und die Kombination aus Holz und Stroh macht ökologisches Bauen noch nachhaltiger. Holz sorgt für Stabilität und lässt sich gut mit Stroh als Dämmmaterial ergänzen, das wiederum Wärme speichert und ein angenehmes Raumklima schafft. Diese Verbindung von Tradition und moderner Bauweise könnte ein Vorbild für andere Bundesländer sein. Mit regionalen Materialien zu bauen ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern schafft auch langlebige und gesunde Häuser.
- SonnenKlee: Hast Du Tipps für Bauherren, die mit Strohballendämmung bauen wollen?
Aaron Meier: Wichtig ist, genug helfende Hände und passendes Werkzeug zu haben. Dünne Platten helfen, die Strohballen leichter in die Felder zu bringen, und spezielles Stopfwerkzeug ist praktisch, um kleinere Lücken ordentlich zu stopfen.
Man sollte auch beachten, dass die Strohballen beim Einbau die Holzständer in der Mitte stark auseinanderdrücken können. Bei uns hat das dazu geführt, dass die Eckpfosten sich beim Stellen der Wände verschoben haben, und es war ein richtiger Kraftakt, die einzelnen Wandelemente mit Spanngurten wieder zusammenzubringen.
Beim nächsten Mal würde ich entweder an den Rändern Doppelpfosten einplanen oder in der Mitte einen zusätzlichen Riegel einbauen, um die Stabilität zu erhöhen und solche Probleme zu vermeiden. Mit etwas Vorbereitung und den richtigen Mitteln kann man sich viel Arbeit ersparen!
- SonnenKlee: Wie hast Du die aktuellen Baukostensteigerungen gespürt? Musstest Du Deine Planung anpassen?
Aaron Meier: Da ich fast alles in Eigenleistung mache, war ich davon weniger betroffen.
- SonnenKlee: Gibt es Möglichkeiten, mit nachhaltigen Materialien Kosten zu sparen?
Aaron Meier: Grundsätzlich sind Stroh, Lehm und Sand günstige Rohstoffe. Wenn man in der Umsetzung viel auf Eigenleistung setzt und auf diese Materialien zurückgreift und nicht auf teure Produkte wie Lehmbauplatten, kann man einiges an Kosten sparen. Den Grobputz mische ich zum Beispiel aus Sand und Lehm der als Abfallprodukt bei einem Kieswerk anfiel. Der Putz kann dann direkt auf die Strohdämmung aufgetragen werden, da sie als Putzträger optimal funktioniert. Oft lohnt es sich auch sich auf Baustellen in der Umgebung zu erkundigen, ob der Aushub lehmhaltig ist. Dieser muss meist teuer entsorgt werden und bekommt so wieder eine Verwendung.
- SonnenKlee: Was war für Dich das schönste Erlebnis während des Bauprozesses?
Aaron Meier: Das schönste Erlebnis während des Bauprozesses war der Moment, als die Wände aufgerichtet wurden und das Haus endlich seine Form angenommen hat. Besonders beeindruckend war es, als das Dach fertig war und der Firstbaum aufgezogen wurde – das war ein wirklich besonderer und emotionaler Moment.
Ein weiteres Highlight waren die vielen Freunde und Verwandten, die während des gesamten Projekts geholfen haben. Die gemeinsamen Grillabende nach einem langen Arbeitstag waren einfach gemütlich und haben das Ganze zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht.
Vielen Dank für das spannende Interview, Aaron!
Bildmaterial: Aaron Meier