Wiebke Kaesberg ist verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit des Interreg-Projekts UP STRAW. Mit dem Projekt verfolgt die EU das Ziel, Bauen mit Stroh zu fördern. Für Wiebke ist klimaschonendes Bauen mit Stroh eine Herzensangelegenheit und als PR Managerin setzt sie sich für dessen Bekanntmachung ein. Für Wiebke ist klimaschonendes Bauen mit Stroh eine Herzensangelegenheit und als PR Managerin setzt sie sich für dessen Bekanntmachung ein. Wir freuen uns, dass sie uns heute ein Interview gibt.
SonnenKlee: Kannst du dich unseren Leserinnen und Lesern bitte kurz vorstellen?
Wiebke Kaesberg: Meine ersten Erfahrungen mit Stroh habe ich auf dem elterlichen Hof gemacht: Mit dem Pressen und Verladen von Stroh und „meinem“ Strohboden als Riesen-Hüpfburg bin ich groß geworden. Nach dem Studium der „Sprachen, Wirtschafts- und Kulturraumstudien“ in Passau arbeitete ich im Bereich Marketing und Kommunikation in einem Großkonzern. Nach der Familiengründung kann ich nun im Projekt UP STRAW die Stränge meiner Biografie wieder zusammenführen.
SonnenKlee: Bitte erzähle uns etwas über das Strohhaus-Projekt vom Kloster Plankstetten und welche Rolle spielt UP STRAW dabei?
Wiebke Kaesberg: Im Projekt UP STRAW haben sich fünf Länder zusammengetan, um ihr Knowhow im Bereich Strohbau zu teilen und auszubauen und gemeinsam einen Markt für diese Bauweise zu entwickeln. Die Länder sind Frankreich, Belgien, Niederlande, Großbritannien und Deutschland. In jedem diese Länder wird ein öffentliches Bauprojekt durchgeführt, bei dem bautechnisch etwas Neues angewandt wird und das zeigt, was bereits im Strohbau möglich ist.
Die Benediktinerabtei Plankstetten in Bayern errichtet ein dreigeschossiges Mehrzweckgebäude, das einen Kindergarten, die Gemeindepfarrei sowie 30 neue Gästezimmer für den Seminarbetrieb des Klosters beherbergen wird. Der 60 m lange Bau wird mit Bio-Stroh und Holz aus der klostereigenen Land- und Forstwirtschaft gebaut und das bisher größte strohgedämmte Gebäude in Süddeutschland sein.
SonnenKlee: Gibt es vielleicht Events oder Projekte zum Thema Bauen mit Stroh, die schon geplant sind, oder die du in Zukunft realisieren möchtest?
Wiebke Kaesberg: Ja, wir begleiten den Bauprozess in Plankstetten mit der Veranstaltungsreihe „Strohbau erleben“, bei denen Bauinteressierte Strohballenbau kennen lernen und zum Teil sogar praktisch mit anpacken können. Nachdem am 21.3. die Großballen des Klosters öffentlich in maßgetreue Baustrohballen umgepresst werden, können die Besucher des Klostermarktes am 13./14.6. selbst Strohballen in Holzgefache einbauen. Am 11.7. erfolgt die Grundsteinlegung und Segensspendung durch den Apostolischen Nuntius in Deutschland, Erzbischof Dr. Nikola Eterović. Ein Baustellenfest ist im September geplant und natürlich wird es im Herbst auch einen Hebauf (Richtfest) geben. Mit diesen Veranstaltungen wollen wir die Bekanntheit der Bauweise und ihrer Vorteile steigern. Die wenigsten wissen ja, dass man mit Stroh bauen kann – und zwar nicht nur private, sondern auch große öffentliche Bauwerke.
Neben unseren Events verlegen auch andere Organisationen, die sich mit den Themen Umweltschutz, Bauen und Nachhaltigkeit befassen, ihre Fachveranstaltungen in diesem Jahr nach Plankstetten. Auf der Seite www.bau-mit-stroh.de werden wir die Termine und Anmeldefristen dieser Events rechtzeitig bekanntgegeben.
SonnenKlee: Was gefällt dir persönlich am Bauen mit Stroh am besten?
Wiebke Kaesberg: Vieles, was wir Menschen tun, geht auf Kosten der Erde. Die Entscheidung, ein Haus zu bauen, ist im Leben der meisten Menschen diejenige mit den größten Auswirkungen auf die Umwelt. Wie viel Energie in die industrielle Herstellung von Baustoffen, in das Bauen und Betreiben eines Hauses und am Ende in seine Entsorgung geht, das machen sich wenige klar. Was von einem herkömmlichen Traumhaus übrigbleibt, ist in großen Teilen Sondermüll, der nie vergeht.
Bei Strohballenbau ist das anders. Das menschliche Bedürfnis, nach einem schönen, gemütlichen und auch noch gesunden Zuhause ist mit einem Strohballenhaus erfüllbar – in weitgehendem Einklang mit der Natur. Das gefällt mir am besten, denn die Erhaltung unseres Planeten ist mein Herzensanliegen.
SonnenKlee: Wie kommt das Thema Bauen mit Stroh bei den Menschen an?
Wiebke Kaesberg: Viele sind interessiert und sehr positiv überrascht, wenn sie verstehen, das und wie Bauen mit Stroh geht und welche Vorteile das hat. Die gängigen Befürchtungen bzgl. „Feuer, Feuchte und Viecher“ können schnell genommen werden und dann bleibt vielen nur noch zu sagen: „Leider habe ich schon gebaut. Ich empfehle es meinen Kindern.“
Natürlich gibt es Skeptiker und Menschen, die lieber „Stein auf Stein“ bauen oder die der Umweltaspekt des Bauens nicht interessiert. Verschiedene Klischees wie „Das ist nur was für Ökofreaks“ oder „So bauen sie in armen Ländern“ können noch überwunden werden. Aber viele Menschen sind aufgeschlossen, erinnern sich an die Bautradition hierzulande und wollen Informationen über den neuesten Stand der Strohbauentwicklung. Ein Bauherr, von Beruf Rechtsanwalt, sagte einmal, er habe lange nach einem „Haken“ bei dieser Bauweise gesucht und ihn nicht gefunden. Das habe ihn überzeugt. Sein Strohhaus steht inzwischen.
SonnenKlee: Was müsste deiner Meinung nach passieren, dass in unserer Gesellschaft bezüglich nachhaltiger Bauweisen ein Umdenken passiert?
Wiebke Kaesberg: Ich würde hier ganz schlicht am Geldbeutel ansetzen. Gesetzliche Veränderungen wie die Einführung einer CO2-Steuer wären ein wirksamer Hebel, um die Kaufentscheidungen der Bauherrschaften zu beeinflussen. Wenn die Auswirkungen eines Bauproduktes auf die Umwelt sich im Preis niederschlagen, haben nachwachsende Rohstoffe wie Stroh die besten Karten. Auch wären Subventionen vom Staat und die finanzielle Förderung nachhaltiger Bauweisen z.B. über günstige Kredite der staatlichen Banken wirkungsvoll. 40% der Treibhausgasemissionen des Landes sind auf den Gebäudesektor zurückzuführen[1]. Um die Klimaschutzziele 2050 zu erreichen, brauchen wir bedeutsame Veränderungen in diesem Bereich. Dazu gehören auch konsequente Bauvorschriften bezüglich der Ökobilanz von Gebäuden bei der Vergabe öffentlicher Bauprojekte.
Aber auch ein Mehr an Information darüber, wie nachhaltiges Bauen – auch im großen Stil – geht, kann das Umdenken fördern.
SonnenKlee: Wie könnte Wissen über Stroh als Baustoff in unserer Gesellschaft besser verbreitet werden, und wo müsste man aus der Sicht einer Kommunikationsexpertin ansetzen?
Wiebke Kaesberg: Hier sind Vorbildprojekte zum Anschauen wie das in Plankstetten oder das Norddeutsche Zentrum für Nachhaltiges Bauen in Verden/Aller natürlich hilfreich. In dem strohgedämmten Fünfgeschossiger in Verden gibt es eine Fachausstellung zum Thema und auch in Plankstetten soll es so etwas noch geben. Aber das reicht nicht für eine Markteinführung.
Aktuell suchen wir Sponsoren für eine breitangelegte Imagekampagne, um die bisher sehr geringe Bekanntheit unter den Verbrauchern zu steigern. Und auch auf der Angebotsseite ist viel zu tun: Das Thema nachhaltiges Bauen sollte Pflichtbestandteil aller Ausbildungen im Baubereich werden (Architekten, Bauingenieure, Handwerker, etc.). Die Architekten- und Handwerkskammern sollten Strohballenbau bzw. Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen in ihre Fortbildungsprogramme integrieren und als Qualifizierungsmaßnahme anerkennen. So können die Fachleute ihre Kunden entsprechend proaktiv beraten und Bauherrschaften stießen mit ihren Fragen nach Nachhaltigkeit bei ihrem Handwerker vor Ort auf offene Ohren.
SonnenKlee: Was möchtest du unseren Leserinnen sonst noch mitgeben?
Wiebke Kaesberg: Danke allen, die bis hierher gelesen haben. Es ist gut zu wissen, dass es viele gibt, die sich für eine Wende im Bauwesen und den Schutz des Planeten engagieren.
Liebe Wiebke, vielen Dank für das spannende Gespräch!
Links:
www.bau-mit-stroh.de
www.kloster-plankstetten.de/strohbau
www.nweurope.eu/upstraw
www.nweurope.eu/upstraw
[1] www.bauwende.de